Ein Meisterstück lokaler Demokratie
Treffpunkt für Jugendliche eingeweiht
In der letzten Sitzung des Gerlinger Jugendgemeinderates vor der Sommerpause stand als einziger Punkt die Eröffnung des Treffpunkts für Jugendliche im öffentlichen Raum auf der Tagesordnung
Die jüngste Sitzung des Gerlinger Jugendgemeinderates war ein ganz besonderer Termin. Zum einen fand die Sitzung nicht im Sitzungssaal, sondern auf der Wiese neben dem Pumptrack statt, zum anderen wurde sie von der Band „Kodály Spicy“, die eigens im Jazz-Mobil angereist war, musikalisch eröffnet. Einziger Punkt der Sitzung war die Eröffnung des Treffpunkts für Jugendliche. Bürgermeister Dirk Oestringer sprach zunächst den Musikern seinen Dank für den fetzigen Auftakt aus. Insbesondere dankte Oestringer auch dem Leiter des Liszt-Institut – ungarischen Kulturzentrums Stuttgart, Dr. Dezsö Szabó, der den Auftritt in die Wege geleitet und die Band nach Gerlingen begleitet hatte. Das Stadtoberhaupt freute sich, zu der Eröffnung neben den aktuellen Jugendgemeinderäten auch zahlreiche ehemalige Mitglieder des Gremiums, Vertreter des Gemeinderates und der Steuerungsgruppe, Anwohner sowie Peter Weigand vom Büro Umschichten begrüßen konnte. Später sollte noch Julian Warner, Kurator der KulturRegion dazustoßen.
Der Treffpunkt, der unter dem Motto „Gerlingen spricht miteinander“ steht, habe eine lange Historie, so das Stadtoberhaupt. Den Wunsch, sich irgendwo treffen zu können, gebe es schon sei vielen Jahren. Der Treffpunkt stehe seit rund zehn Jahren im Raum. 2017 habe es eine erste Initiative gegeben und 2019 sei im Gemeinderat ein erster gemeinsamer Antrag des Jugendgemeinderates und der CDU gestellt worden. „Danach ging es schnell in Richtung Anwohner-Beteiligung”, erinnerte Oestringer. Ende 2019 und Anfang 2020 habe man die Menschen, die in der Umgebung des Treffpunkts wohnen, ins Boot geholt und über das Vorhaben informiert. „Im Juli 2020 haben wir uns dann entschlossen, das Projekt noch etwas zu schieben.“ In der Pandemie – einer Zeit in der man sich nicht treffen durfte, einen Treffpunkt für Jugendliche einzuweihen, sei nicht das Richtige gewesen.
Im Mai 2021 habe zunächst der Jugendgemeinderat und dann der Gemeinderat den Projektbeschluss für den Treffpunkt gefasst. „Danach ging es flott voran“, hält das Stadtoberhaupt fest. Es gab ein erstes Treffen der Steuerungsgruppe, der Mitglieder des Jugendgemeinderates und des Gemeinderates angehörten. Bei diesem Treffen wurde beschlossen mit der KulturRegion zusammenzuarbeiten. Gerlingen ist Mitglied der KulturRegion und möchte mit „Gerlingen spricht miteinander“ einen Beitrag zum diesjährigen Festival der KulturRegion leisten, das unter dem Motto „ÜBER:MORGEN“ steht. Im Herbst werde es im Rahmen des Festivals dann noch eine richtige Einweihung des Treffpunkts geben, so Oestringer. In einem weiteren Treffen hat die Steuerungsgruppe entschieden, das Projekt mit dem Büro Umschichten umzusetzen. Zusammen mit dem Büro gab es im November einen Workshop, bei dem der Treffpunkt vor Ort modellbaumäßig entwickelt wurde. Für den im Nachgang zum Workshop entwickelten Entwurf wurde dann im Mai – also vor zwei Monaten – der Baubeschluss gefasst.
Ein durchaus umstrittenes Projekt wie den Treffpunkt in so kurzer Zeit zum Abschluss zu bringen, sei bemerkenswert, hielt Oestringer weiter fest. Vorangebracht hätten das Projekt zwei Jugendgemeinderäte, zwei Bürgermeister und auch zwei Gemeinderäte. „Man hatte eine Idee, hat eine Initiative gegründet, die Menschen beteiligt und das Projekt umgesetzt. Das war ein vorbildlicher Prozess und ein Meisterstück lokaler Demokratie“, lobte das Stadtoberhaupt.
Am Treffpunkt würden sich schon jetzt die unterschiedlichsten Altersgruppen treffen. Auf Facebook etwa habe sich eine junge Mutter bei den Initiatoren für den Treffpunkt bedankt.
Wie der Treffpunkt aussehen soll, sei immer wieder diskutiert worden, so Oestringer. Aus dem Gemeinderat habe es immer wieder Hinweise gegeben, dass bei dem Projekt das Thema nachhaltiges Bauen berücksichtigt werden sollte. Das Büro Umschichten, das auch im Bereich Installationskunst tätig ist, arbeite mit gebrauchten Materialien. Für den Bau des Treffpunkts wurden Massivholzelemente verwendet, die zuvor als Schalungselemente beim Bau der Stadtbahnhaltestelle Staatsgalerie im Einsatz waren. „Die Elemente wären ansonsten weggeworfen worden“, erläuterte Oestringer.
Der Treffpunkt bietet sowohl überdachte als auch nicht überdachte Sitzmöglichkeiten, es gibt einen Mülleimer, eine Toilette und ein Pfandsammler soll noch installiert werden. Für die Fundamentierung wurde nur minimal in den Boden eingegriffen. Dadurch ist es möglich nach einer zweijährigen Evaluierungsphase zu entscheiden, wie es mit dem Projekt weitergehen soll. An der Stelle verwies Oestringer darauf, dass beim Bau auch der vorgegebene Kostenrahmen von 50.000 Euro eingehalten worden sei.
„Heute können wir nun den Treffpunkt an die Jugend – stellvertretend an den Jugendgemeinderat – übergeben. Es wird nun eure Aufgabe sein, den Ort mit Leben zu füllen“, hielt Bürgermeister Oestringer abschließend fest und dankte allen, die den Bau des Treffpunkts für Jugendliche möglich gemacht haben.
Der Sprecher des Jugendgemeinderates, Lukas Proksch dankte der Verwaltung und Andreas Lux, aber auch dem Büro Umschichten und der KulturRegion für die tatkräftige Unterstützung sowie den Anwohnern für die konstruktive Zusammenarbeit. Einen besonderen Dank sprach er seinem Vorgänger im Amt des Jugendgemeinderatssprechers, Tim Kröper aus. „Er hat uns die Übernahme des Staffelstabs sehr erleichtert.“ Das Projekt sei so angelegt, dass es sich weiter entwickeln kann, betonte Proksch. „Wir freuen und immer über Input, wie wir den Treffpunkt weiter gestalten und nutzen können.“
Ein Dankeschön gab es auch von Tim Kröper. Auch er betonte, dass die Zusammenarbeit mit der Verwaltung und dem Gemeinderat sehr gut geklappt habe. Es habe viel Spaß gemacht, das Projekt voranzutreiben. „Ich bin gespannt, wie es sich jetzt weiterentwickelt.“
„Wir freuen uns, dass wir das Projekt realisieren konnten”, hielt Peter Weigand vom Büro Umschichten eingangs seines kurzen Grußworts fest. Das Büro sei schon sei 14 Jahren tätig und überlege sich immer, wie man Bauwerke mit regionalen Ressourcen umsetzen kann. Die Wiederverwendung von Bauteilen, die sonst im Müll laden würden, gehöre natürlich auch dazu. Von den Schalungselementen, die für den Bau der Haltestelle Staatsgalerie eingesetzt waren, habe man 30 einlagern und schon mehrfach verwenden können. Der Prozess, wie der Treffpunkt gemeinsam entwickelt wurde, sei eine tolle Sache gewesen, so Weigand weiter. Dem Jugendgemeinderat, der CDU, der Steuerungsgruppe und der Stadtverwaltung gebühre dafür ein großer Dank. Ein besonderes Dankeschön sprach Weigand Andreas Lux sowie Stefanie Treier-Ohlms vom Amt für Gebäudemanagement aus, die das Projekt stets unbürokratisch unterstützt hätten. Der Aufbau der Elemente sei nicht ganz so einfach gewesen, wie es aussehe. Im Boden seien Kabel verlegt, von denen es keine Pläne gebe, außerdem habe man beim Bau der Fundamente aufpassen müssen, das Wurzelwerk der Bäume nicht zu verletzten und der Kampfmittelbeseitigungsdienst habe auch gerufen werden müssen, weil für die Fundamente sehr tief gebohrt werden musste. Das Aufstellen der Elemente habe man wegen der Bäume dann dicht einfach mit einem Kran erledigen können. Hier sei ein Stapler zum Einsatz gekommen, was auch nicht ganz einfach gewesen sei. Das Ergebnis sei aber toll, betonte Weigand und wünschte dem Treffpunkt alles Gute und den Nutzern viele gute Ideen für die Weiterentwicklung.
Ein paar Ideen wurden übrigens schon bei der Einweihung formuliert. Man könne den Treffpunkt beispielsweise als Standort für die Rennleitung beim nächsten Punp-Track-Race nutzen, lautete ein Vorschlag. Ein weiterer war, an den Schalungselementen Klettergriffe anbringen und sie als Boulderwand nutzen. Man darf gespannt sein, wie sich das ganze weiterentwickelt.
Text/Fotos: Tommasi